Angst verstärken, geht das?

Wie entsteht Angst und was löst sie im Körper aus?

Angst ist eine Emotion, die die Funktion hat, den Hund vor Gefahren zu schützen. Die erste Bewertung auf einen Reiz, erfolgt nicht bewusst, sondern wird im Gehirn unbewusst bewertet. Von dort gelangt die Meldung an das limbische System, das für unsere Gefühle zuständig ist. Bereiche des limbischen Systems, der Hippocampus und die Amygdala, veranlassen körperliche Reaktionen auszulösen. Der Hund reagiert mit einer unbewussten Schreckreaktion. Reaktionen die dem Hund hierzu zur Verfügung stehen, sind erstarren, flüchten, sich verteidigen oder fiddeln. Außerdem werden Adrenalin, Noradrenalin, Kortisol und Kortison ausgeschüttet. Auf diese ersten Vorgänge im Körper und die Schreckreaktion, hat der Hund keinen Einfluss. Denn ist eine Situation wirklich gefährlich, muss der Körper innherhalb kürzester Zeit in der Lage sein agieren können um das Überleben zu sichern.

  • Erhöhung des Herzschlag, Erweiterung der Herzkranzgefäße
  • Anstieg des Blutdrucks
  • Verengung der Blutgefäße der Haut und inneren Organe
  • stärkere Durchblutung und Anspannung der Skelettmuskulatur, um Kampf oder Flucht zu ermöglichen
  • Verdickung des Blutes, um eine starke Blutung bei Verletzungen zu verhindern.
  • Erweiterung der Bronchen, beschleunigte Atmung, um den Körper besser mit Sauerstoff zu versorgen
  • Anstieg des Blutzuckerspiegels und der Blutfettwerte
  • Erweiterung der Pupillen, um das Sehfeld zu vergrößern und die Gefahr besser zu erkennen
  • Energiereserven (Zucker und Fette) werden freigesetzt, um genügend Energie für eine mögliche Verteidigung oder Flucht zu haben
  • Einstellung aller unnötigen Körperfunktionen,  z. B. Verdauung, Harndrang, Stuhlgang, kein Hungergefühl usw.

Nochmal, auf diese Reaktionen hat der Hund keinerlei Einfluss. Ebensowenig wie wir Menschen. Es sind Reaktionen die in 10tel Sekunden ablaufen um Lebewesen in Gefahrsituationen sofort alle Resourcen zur Verfügung zu stellen, was man braucht um überleben zu können.

Was begünstigt Angst?

  • Genetische Disposition
  • Stress der Mutterhündin während und nach der Geburt
  • schlechte oder keine Sozialisierung
  • dauerhafter Stress
  • Traumatas
  • Sozialpartner die selbst Angst haben
  • zu wenig Bewegung
  • zu wenig geistige Auslastung
  • Schilddrüsenunterfunktion
  • Fehlernährung
  • Kastration (KANN Angst begünstigen)

Kann Angst verstärkt werden?

Ja, Angst kann verstärkt werden. Gefühlsansteckung ist der Fachbegriff hierfür. Wenn Sie also selbst Angst haben, kann dies die Angst beim Hund verstärken. Auch wenn zu dem Auslösereiz weitere unangenehme oder als bedrohlich empfundene Reize hinzukommen, wird die Angst stärker werden.

Kann Angst abgeschwächt werden?

Ja, man kann einem Hund helfen, wenn er Angst hat. Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten.
Social Support ist hier das Stichwort. Soziale Lebewesen wie der Mensch, Pferd, Wolf oder der Hund (u. v. m.), geben sich soziale Unterstützung zur Bewältigung von beängstigenden Situationen. Es wird Körperkontakt angeboten, sie stehen bei und versuchen sich zu helfen.  Studien zeigen, dass Blick- und Körperkontakt zur Bezugsperson zur Ausschüttung des stressreduzierenden und bindungsfördernden Hormons Oxytocin führen. Social support senkt zudem den Blutdruck, die Herzfrequenz und den Spiegel der Stresshormone. So können beängstigende Situationen besser bewältigt werden.

Würde Social Support die Angst verstärken, die Situation also noch schlimmer machen, wäre das Tier hilfloser als vorher. Das sozio-positive Verhalten hätte sich Evolutionstechnisch nicht durchgesetzt.

Das Thundershirt kann bei Angst helfen. Es erzeugt konstanten, leichten Druck auf den Hundekörper, was eine beruhigende Wirkung auf das Nervensystem hat. Wichtig hierbei ist, das Shirt kann eine Hilfe für den Hund sein, lässt die Angst aber nicht einfach verschwinden, weshalb ein Training trotzdem stattfinden sollte. Außerdem sollte das Shirt nicht immer nur in Situationen die für den Hund schlimm sind angezogen werden, denn sonst wird es für den Hund zur Vorhersage dass bald eine stressige, schlimme Situation auf ihn zu kommt und er wird Angst bekommen, sobald das Shirt angezogen wird. Daher muss das Shirt mit ruhigen, entspannten Gefühlen aufgeladen werden. Ziehen Sie Ihrem Hund das Shirt an wenn Sie vom Gassigehen zurück kommen, der Hund gefressen hat, alle seine Bedürfnisse befriedigt sind und Sie sich gleich auf die Couch setzen und entspannen.

Ebenso hilfreich kann ein Entspannungssignal, das in ruhigen, entspannten Situationen aufgebaut werden muss, helfen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten ein Entspannungssignal aufzubauen. Ich selbst habe den Relaxodog bei meinen Hunden aufgebaut. Immer wenn der Hund schläft, entspannt ist und sich gut fühlt, läuft der Relaxodog bei uns. Oft schalte ich ihn an, wenn wir schlafen gehen. Mich stört die Musik nicht und sie ist auch bei mir zum Entspannungssignal geworden. Man kann gleiches jedoch auch mit jeglicher Musik, einem Duft, den man auf ein Tuch sprüht und neben den Hund legt, oder aber mit einem Wort machen. Der Aufbau ist der gleiche wie beim Relaxodog. Ebenso wie beim Thundershirt, muss man das Entspannungssignal jedoch wieder aufladen. Nutzt man es nur in Situationen in denen der Hund aufgeregt ist, oder Angst hat, wird es zur Vorhersage dass bald eine stressige oder schlimme Situation auf ihn zu kommt.

Reduzieren Sie den Alltagsstress für den Hund, wenn Sie vorhersagen können, dass ein Ereignis bevorsteht, das dem Hund Angst macht. Ebenso sollte der Alltagsstress reduziert werden, wenn der Hund an vielen Ängsten leidet, oder er jeden Tag Situationen ausgesetzt sind, die ihm Angst machen. Sorgen Sie für ausreichend Schlaf, Entspannung und Sicherheit für den Hund.

Mein Hund hat Angst, was kann ich tun?

Man kann Ängste klassisch gegenkonditionieren, hierfür gibt es ein eigenes, ausführliches Thema:

Angst vorbeugen - Gewöhnung

Man kann Ängsten auch vorbeugen. Viele Hunde haben Probleme mit Gewitter oder Silvester. Wenn man also einen Welpen bei sich aufnimmt, kann man hier auch schon einiges dafür tun, dass er keine Ängste entwickelt. Bemerkt man, dass ein Gewitter aufzieht, kann man beispielsweise bei jedem Donnergrollen Futter geben oder werfen. So wird das Donnergrollen zur Vorhersage für etwas tolles und mit positiven Gefühlen verknüpft. Man kann während eines Gewitters auch mit dem Welpen/ Junghund spielen oder tricksen, wenn er das mag. Wenn er müde ist und schläft, ist das natürlich super, dann weiterschlafen lassen und nicht wecken um mit ihm etwas zu machen. Wenn der Hund Kontakt liegen möchte, darf er das natürlich auch.

Auch für Silvester kann man einiges tun, damit der Hund keine Angst hat. Es gibt auf You Tube Feuerwerksgeräusche, die man immer wieder während des Jahres abspielen kann. So sind die Geräusche nicht neu. Konditionieren Sie ein Entspannungssignal, auch das wird Ihrem Hund an Silvester helfen. Machen Sie an Silvester die Rolläden herunter, damit die Lichtblitze keinen zusätzlichen Reiz darstellen. Achten Sie darauf, dass die Zeit vor Silvester eine Zeit ist, in der der Hund möglichst wenig Stress hat, um mit dem Stress besser umgehen zu können. Gehen Sie 3 Tage vor Silvester an Strecken spazieren, an denen die Gefahr dass es knallt möglichst gering ist. Sorgen Sie für ausreichend Bewegung.

Lassen Sie Ihren Hund 1 Woche vor und nach Silvester an der Leine!

Auch wenn Ihr Hund bisher nie Angst hatte, Ängste können spontan auftreten. Es können plötzlich Situationen entstehen, mit denen der Hund nicht mehr umgehen kann und mit denen Sie nicht gerechnet haben. Jedes Jahr entlaufen viele Hunde an Silvester, weil sie nicht gesichert wurden. Ersparen Sie sich und Ihren Hund den Stress, Silvester in Angst und Sorge verbringen zu müssen.

Was bedeutet das für mich und meinen Hund?