Kastration

Unterschied zwischen Kastration und Sterilisation

Bei der Kastration werden die sexualhormonproduzierenden Keimdrüsen entfernt. Das heißt, bei dem Rüden die Hoden und bei der Hündin die Eierstöcke ggf. auch die Gebärmutter. Dies hat Auswirkungen auf den Hormonhaushalt, die Gesundheit und das Verhalten des Hundes.

Bei der Sterilisation werden bei der Hündin die Eileiter, bei dem Rüden wird der Samenleiter durchtrennt. Dies hat keinerlei Auswirkungen auf den Hormonhaushalt und das Verhalten des Hundes, jedoch ist eine Fortpflanzung nicht mehr möglich. Die Sterilisation ist also eine Alternative zur Kastration um eine Fortpflanzung zu verhindern.

Chemische Kastration beim Rüden

Bei der chemischen Kastration wird dem Rüden ein Chip zwischen die Schulterblätter implantiert. Dieser Chip gibt den Wirkstoff Deslorelin ab und blockiert dadurch bestimmte Rezeptoren an der Hypophyse. Der Körper erhält das Signal, dass ausreichend Geschlechtshormone vorhanden sind, was dazu führt dass die Hypophyse keine Botenhormone mehr losschickt. Dies führt dann wiederum dazu, dass die Hoden die Produktion von Geschlechtshormonen einstellen und infolge dessen keine Spermien mehr produziert werden und der Testosteronspiegel sinkt. Die Hoden sind gewissermaßen „abgeschaltet“ und der Rüde ist vorübergehend zeugungsunfähig.

Die chemische Kastration hat den Vorteil dass sie vorübergehend ist. Es ist also ein Testlauf der operativen, endgültigen Kastration möglich. Innerhalb der Wirkungsdauer des Implantats (je nach Implantat 6-12 Monate) kann man sehen, welchen Effekt eine operative Kastration auf das Verhalten des Hundes haben wird.  So kann man objektiv entscheiden, ob die Vorteile oder die Nachteile für den Hund eher für oder gegen eine endgültige Kastration sprechen. Sollte man sich für eine operative Kastration entscheiden, sollte diese noch während der chemischen Kastration stattfinden um den Hund hormonelle Schwankungen zu ersparen.

Die chemische Kastration sollte, ebenso wie die chirurgische Kastration, erst nach der Pupertät und wenn das Längenwachstum abgeschlossen ist, eingesetzt werden.

Chemische Kastration bei der Hündin

Der Kastrationschip würde ebenso bei der Hündin funktionieren. Jedoch wird die Hündin nach setzen des Chips läufig und er ist nicht für Hündinnen zugelassen. Es kann zu Dauerläufigkeiten kommen. Daher sollte der Chip in der Nabelregion eingesetzt werden, dass man ihn wieder findet, sollte er entfernt werden müssen.

Die Läufigkeit kann auch weggespritzt werden, jedoch steigt das Risiko für Gebärmuttervereiterungen und für Mamatumore massiv an.

Negative Folgen von Kastrationen

Frühkastration

Bei der Frühkastration wird der Hund kastriert noch bevor er die Pupertät durchlaufen hat und das Längenwachstum abgeschlossen ist. Wird der Hund zuvor kastriert, bleibt er in dieser Entwicklungsstufe stehen. Das hat zur Folge dass der Hund eine geringere Frustrationstoleranz und Impulskontrolle hat. Denken sie doch einmal an ein 5 jähriges Kind im Supermarkt, das am Boden liegt und schreit weil es das Überraschungsei nicht bekommt. Je älter das Kind wird, umso besser kann es sich beherrschen. Das gleiche gilt auch für den Hund. Die Hunde werden nicht erwachsen, sind nicht so vernünftig und rational wie ihre erwachsenen Artgenossen. Sie bleiben verspielter als ihre unkastrierten Artgenossen, weil keine Entwicklung ins Erwachsenenalter stattfindet. Beeintächtigte Lern- oder Gedächtniskapazität können ebenso Folgen sein, wie ein geschwächtes Immunsystem. Es gibt noch viele weitere negative Auswirkungen auf den Bewegungsapparat, das Verhalten und das Gehirn, aber das würde hier den Ramen sprengen.

Eine Hündin sollte nicht kastriert werden, weder chemisch noch durch eine Operation, bevor nicht mindestens 3 Läufigkeiten durchgestanden sind. Rüden sollten nicht vor Abschluss des Längenwachstums und vor durchgestandener Pupertät kastriert werden. Etwa in dem Alter, wo die Schwester des Rüdens ihre 3. Läufigkeit durchlaufen hat. Eher etwas später.

Bedenken sollte man, dass der Brustkorb bei vielen Rassen sehr lange braucht, bis er endgültig ausgeformt, gerundet ist. Dies kann bis zum 3. Lebensjahr (manchmal auch länger) dauern. Bis dahin sind die Hunde schmalrippig, was sich auf die Winkelung der Vorderhand auswirkt, was man an nahe beieinander stehenden Vorderbeinen gut erkennen kann. Dadurch ist der Hund instabil, dreht oft Vorderpfoten aus, drückt die Ellbogen an und steht hinten breitbeinig. Das verändert die Belastungsachse. Auch Herz und Lunge haben bei einem schmalrippigen Hund weniger Platz. Kastriert man einen Hund, bleibt der Brustkorb auf dem Entwicklungsstand stehen und bildet sich nicht weiter aus. Dies könnte Probleme mit dem Bewegungsapparat verursachen.

Ängstlicher unsicherer Hund

Die Sexualhormone wirken angstlösend und machen einen Hund selbstbewusst. Eine Kastration wird Rüden  unsicherer und ängstlicher machen.

Bei der Hündin kommt es darauf an, ob die Unsicherheit zyklusbedingt oder ganzjährig ist. Ist sie ganzjährig vorhanden, wird die Unsicherheit eher größer.

Muskulaturabbau

Testosteron ist auch für den Muskulaturaufbau zuständig. Ein kastrierter Hund hat deutlich weniger Muskulatur, was zu einem erhöhten Risiko für Hüftdisplasie, Kreuzbandrissen und Problemen im Bewegungsapperat führt.

Erhöhtes Krebsrisiko

Das Risiko an bestimmten Krebsarten zu erkranken steigt an. Hier zu erwähnen beispielsweise der Prostatakrebs bei Rüden. Für beide Geschlechter Knochenkrebs, Milztumore, Herztumore.

Erhöhtes Demenzrisiko

Sexualhormone schützen die Nerven. Das Risiko beim alten Hund an Demenz zu erkranken steigt. Das östrogen ist eine Prophylaxe gegen Demenz, nicht nur bei der Hündin, auch beim Rüden wird Testosteron im Gehirn in Östrogen umgewandelt.

Muskulaturabbau

Testosteron baut Muskulatur ab. Dies hat zur Folge dass es beispielsweise vermehrt zu Kreuzbandrissen kommt. Auch bei Problemen mit dem Bewegungsapparat ist durch den Abbau von Muskulatur mit einer Verschlechterung zu rechnen. Muskulatur stabilisiert den Körper.

Erhöhtes Risiko für Schilddrüsenunterfunktion

Erhöhtes Risiko für Autoimmunerkrankungen

Gründe die für eine Kastration sprechen

Rüde: Hodentumor, Prostatavergrößerung, Perianaltumor

Hündin: Uvatumor, zystische Veränderung, Gebärmutterentzündung- /vereiterung, Mamatumore

Verhaltensindikationen müssen im Einzelfall betrachtet werden.

Kastration zur Vorbeugung von Mamatumoren bei Hündinnen

Es gibt 4 Studien, die methodisch Fehlerfrei sind, zu dem Thema wie sich die Kastration auf das Risiko von Entstehung von Mamatumoren auswirkt. Nur eine Studie zeigte einen positiven Effekt auf das Risiko zur Entstehung von Mamatumoren bei einer Kastration. Nur zwischen 0,2 und 1,8 % aller Hündinnen bekommen überhaupt im Laufe ihres Lebens einen Mamatumor und der Mamatumor ist meist kein streufreudiger und auch nicht immer ein bösartiger Tumor. Sinnvoller als eine Kastration wäre Prophylase in Form von regelmäßiger Abtastung des Gesäuges, um einen Tumor frühzeitig zu erkennen. So kann ausschließlich der Tumor entfernt werden und die Milchleiste muss nicht mit entfernt werden.

Stress von unkastrierten Rüden

Unkastrierte Rüden lernen wann es sich bei einer Hündin überhaupt lohnt. Kastrierte Rüden lernen dies nicht mehr. Es wäre Verschwendung von Energie eine Hündin vom ersten bis zum letzten Tag der Läufigkeit decken zu wollen. Sie lernen welche Zyklusphasen wichtig für sie sind und können an den anderen Tagen lernen entspannt sein.

Gesetzliche Grundlagen

Bei eine Kastration werden die Hoden entfernt. Das heißt es wird ein endokrines Organ entfernt. Im Tierschutzgesetz, § 6 steht:

 

(1) Verboten ist das vollständige oder teilweise Amputieren von Körperteilen oder das vollständige oder teilweise Entnehmen oder Zerstören von Organen oder Geweben eines Wirbeltieres. Das Verbot gilt nicht, wenn

a) der Eingriff im Einzelfallnach tierärztlicher Indikation geboten ist oder

b) bei jagdlich zu führenden Hunden für die vorgesehene Nutzung des Tieres unerläßlich ist und tierärztliche Bedenken nicht entgegenstehen

 

(2) zur Verhinderung der unkontrollierten Fortpflanzung oder - soweit tierärztliche Bedenken nicht entgegenstehen - zur weiteren Nutzung oder Haltung des Tieres eine Unfruchtbarmachung vorgenommen wird.

Empfehlungen Literatur

Reizthema Kastration

 

Soll ich meinen Hund kastrieren lassen? Oder muss ich es sogar? Diese Frage stellt sich irgendwann fast jeder Hundehalter, und so sieht er sich konfrontiert mit einer ganzen Reihe weiterer Fragen: Was spricht für eine Kastration, was dagegen ? Wann könnte eine Kastration helfen, und bei welchen Problemen sollte der Hund auf keinen Fall kastriert werden? Wann sollte der Eingriff erfolgen? Wie läuft er ab? Mit welchen Komplikationen muss gerechnet werden? Wie verändert sich der Hund? Sämtliche Antworten auf diese und viele weitere Fragen zu einem unter Hundehaltern heiß diskutierten Thema liefert dieses Buch.

Klappentext


Kastration des Rüden

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Kastration der Hündin

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Kastration

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